Zu viel des Schlechten, zu wenig des Guten
Jeden Baum, jedes Essen, und selbstverständlich jeden Sonnenuntergang, möchte man im Urlaub für immer festhalten. Zwar gibt es das meiste auch bei uns, aber im Urlaub scheint die einfachste Banalität plötzlich besonders würdig zu sein, um wie verrückt um sich zu schiessen. Bis vor kurzem wurde bloss im Urlaub oder bei der hysterischen Dokumentation der eigenen Kinder übertrieben. Heute ereignen sich die Daten-Massaker in jedem Bereich menschlicher Horizonte. Ob das schmusige Haustier, die fetten Felgen am Auto, sein sehr persönliches Tattoo, die gestählten Protein-Shakes-Muskeln oder ein abgebrochener Fingernagel, alles schreit heutzutage nach der totalen digitalen Aufmerksamkeit.
Auch Heerscharen von Musikstücken und Filmen belagern den Speicher. Hinzu kommen noch Programme und Apps, die man nicht mehr benötigt oder noch nie benötigt hat. Ebenso der Ramsch aus dem Bekanntenkreis, der sich über Chat-Nachrichten auch auf den eigenen Geräten abspeichert.
Die Datenverschmutzung wird unterschätzt
Ich lehne nicht nur, ich springe aus dem Fenster, dass über 80 Prozent der persönlichen Daten nicht ein einziges Mal pro Jahr selbst verwendet wird. Heisst konkret, über 80 Prozent unserer Daten sind streng genommen Müll, der nicht gelöscht sondern bestenfalls noch weiter verbreitet wird. Irgendwann wird man sein Kind nicht zum Aufräumen seines Zimmers schicken, sondern zum Aufräumen seiner Daten. Aufgrund fast unendlicher Munition in den digitalen Waffen, sieht man die Folgen aber meist erst auf den zweiten Blick.
Neben all dem harmlosen Firlefanz, häufen sich auf dem Müll zwangsläufig auch sensible Daten. Legen Sie deshalb einen bewussteren Umgang mit Ihren selbst produzierten Daten an den Tag, weniger ist tatsächlich mehr. Vermitteln Sie diese Werte auch Ihren Kindern. Dies kann unter anderem verhindern, dass aus einem vorschnellen digitalen Kopfschuss, wie bereits aufgrund von Mobbing vorgekommen, irgendwann ein echter wird.
Dieser Artikel wurde am 01.06.2015 in folgenden Zeitungen publiziert:
Südostschweiz Graubünden, Südostschweiz Glarus, Südostschweiz Gaster/See sowie Sarganserländer.